Jürgen Plechinger

plechinger(at)primatum.red

24.02.2025
Was man von sich hält, kann recht unscharf werden, wenn das grundsätzliche Misstrauen gegen Einstellungen auch bei sich selbst angewendet wird. Der weitaus größte Teil der menschlichen Existenzen, soweit erlaube ich mir im Bilde zu sein, dürfte den eigenen Erzählungen über sich selbst nur zu gerne Glauben schenken. Damit wäre zumindest sichergestellt, dass man der Gefahr, ob der Umstände des eigenen Daseins ins Zweifeln zu kommen, stets ausweicht; — und erregt allzu leicht den Verdacht der Erbärmlichkeit, hat aber damit wohl eine allgemein akzeptierte Strategie, die dauerhafte Wohlfühldistanz zur höchsten Gefahr, dem Überdruss über das Dasein, aufrechtzuerhalten. Vielleicht blicke ich mit solchen Überlegungen tiefer in den Abgrund des menschlichen Daseins, als es für ein geistig bequemes Leben zuträglich war. Möglicherweise ist die Unausweichlichkeit des Lebensüberdrusses selbst als Ultima Ratio bei der Überwindung von Eigennarrativen höchst zweifelhaft.
Verlangten durch die beiden vorausgegangenen Sätze aufkommende Fragen nach Antworten, könnte ich sie längst geben, jedoch sind deren Aussagen letztendlich nicht wichtig. Die Wege allerdings, wie zu dahin zu gelangen war, sind dagegen äußerst relevant. Entscheidend war hierbei der stete Zugewinn an Erfahrung(en) über menschliche Abgründe, was zugegebenermaßen einen gewissen Dauermangel an Vertrauen zur Folge hat. Jedoch sind Zweifel und Misstrauen als ständige Begleiter nur dann nicht bitter machend, wenn sie mit Neugier einhergehen. So besteht in der Wissbegier bis auf Weiteres auch der flüchtige Garant für eine Weiterexistenz.
Inwiefern sich diese Thematik in den Arbeiten niederschlägt, soll wiederum den dementsprechenden Erfahrungen des Betrachters überlassen sein. An dieser Stelle sollte allerdings nicht unerwähnt bleiben, dass gerade jene möglichen Erfahrungen gemeint sind, denen in der Regel aus Feigheit aus dem Weg gegangen wird und deshalb zwangsläufig eine Quelle von Missverständnissen besteht.
In Kapriolen, diese zu verhindern, investiere ich übrigens keine kreative Energie. Ich habe nicht die geringste Anbiederungsneigung; und was geht mich zudem der anderen Mangel an?
Nun, er interessiert mich so weit, dass ich keine Lust verspüre, über das Unvermeidbare hinaus mit ihm konfrontiert zu werden. Dasselbe gilt für gewohnheitsmäßig übereilte Schlüsse, vorlaute Urteile und hohles, wichtigtuerisches Geschwätz. Mir derlei schnell zu Lügen werdenden Nichtigkeiten möglichst zu ersparen, gelingt am besten, wenn die eingangs erwähnte Unschärfe in ihrer maximalen Ausprägung auch die allgemein verbreitete Verlautbarung von persönlichen Befindlichkeiten, Geschmacksneigungen und Meinungen erfasst. Verwechselt wurde und wird man ohnehin.
Vielleicht weil ich mir der eigenen Abgründe bewusst bin, spricht Charles Mansons Antwort auf die Frage eines Interviewers, wer er sei, etwas (abgründiges?) in mir an. Die „ohne Zögern geführte Rasierklinge“ verstehe ich für mich allerdings konsequent als Metapher für die Schärfe einer Replik in Wort und Bild:
„Nobody. I’m nobody. I’m a tramp, a bum, a hobo. I’m a boxcar and a jug of wine. And a straight razor — if you get too close to me.“
Was die bildhaft dinglichen Metaphern betrifft, bin ich unentschieden, aber ein Niemand zu sein, war eine durchaus bekannte Erfahrung. Plechinger ist nur ein Wort.
Bis auf Weiteres wird unklar sein, ob ich auf mögliche Fragen so antwortete, wie der Fragende sich selbst gerne erwidern hören würde, oder ob ich die Wahrheit sprach.

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